Arzthaftung: Mit positiver laienhafter Kenntnis eines Behandlungsfehlers beginnt Verjährungsfrist

Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 02.07.2014
- 1 W 37/13 -

Der Schaden­ersatz­anspruch wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers unterliegt der dreijährigen Verjährungsfrist. Diese Frist beginnt unter anderem mit dem Schluss des Jahres an zu laufen, in dem der Patient laienhaft Kenntnis von einem schuldhaften Behandlungsfehler erlangt (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die Kenntnis vom negativen Ausgang der ärztlichen Behandlung sowie der Erheblichkeit der Schadensfolge genügt demgegenüber nicht.

 

Im Dezember 2006 verlor die Klägerin nach einer eingeleiteten OP ihr noch ungeborenes Kind. Im Januar 2007 machte sie dafür ihre Ärztin verantwortlich. Diese habe einen groben Behandlungsfehler begangen. 2013 beantragte die Frau schließlich Prozesskostenhilfe für eine Schadenersatzklage.

Das zuständige Landgericht lehnte den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Pkh) ab. Denn die Klage auf Zahlung von Schadenersatz sei aussichtslos gewesen, da mögliche Ansprüche verjährt gewesen seien. Die Antragstellerin sei bereits im Januar 2007 von einem schuldhaften Behandlungsfehler der Ärztin ausgegangen und hätte daher spätestens am 31.12.2010 ihre Schadenersatzansprüche gerichtlich geltend machen müssen. Die Frau verteidigte sich dagegen mit dem Vortrag, dass sie erst nach Vorlage eines Gutachtens im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren im Februar 2011 Kenntnis von einem groben Behandlungsfehler erlangt habe. Sie legte daher gegen die Entscheidung Beschwerde ein.

Das OLG Saarbrücken bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Beschwerde zurück. Es sei zutreffend gewesen, dass die Antragstellerin bereits im Januar 2007 die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlichen maßgeblichen Kenntnisse für die Geltendmachung der Ansprüche gehabt hatte. Zu diesem Zeitpunkt sei die anwaltlich beratende Frau von einem eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherter medizinischer Erkenntnisse ausgegangen.

Nach Auffassung des OLG´s beginne die Verjährungsfrist für Ansprüche wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers an zu laufen, wenn der Patient als medizinscher Laie Kenntnis von Tatsachen erlangt, aus denen sich ergibt, dass der Arzt schuldhaft von dem üblichen ärztlichen Vorgehen abgewichen war oder Maßnahmen nicht getroffen hatte, die nach ärztlichem Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich seien. Zudem müsse aufgrund der bekannten Tatsachen der Schluss naheliegen, dass das schuldhafte Fehlverhalten die Ursache für den eingetretenen Schaden ist.

Für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei es unerheblich, ob der Patient Kenntnis vom negativen Ausgang der ärztlichen Behandlung erlangt. Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen könne in der Eigenart der Erkrankung oder in der schuldlosen Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen liegen. Das Wissen um die Verwirklichung des Krankheitsrisikos sei daher nicht ausreichend. Vielmehr müsse der Patient wissen, dass sich das Behandlungsrisiko verwirklicht hat.

 

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