- Der Umstand, daß ein Feuerwehrfahrzeug (Notarztwagen) auf einer Einsatzfahrt mit Blaulicht und Martinshorn zu einem akut (hier: an einer Nierenkolik) Erkrankten ist und damit Sonderrechte nach StVO § 35 Abs 1 in Anspruch nehmen kann, befreit dessen Fahrer nicht von der Einhaltung der Verkehrsbestimmungen und ermächtigt ihn nicht, die Rechte eines anderen Verkehrsteilnehmers zu mißachten. Er darf sich nicht damit beruhigen, daß er Warnzeichen gibt, denn die anderen Verkehrsteilnehmer sind zur Gewährung freier Bahn grundsätzlich nur nach Wahrnehmung dieser Zeichen verpflichtet. Der Fahrer des Einsatzwagens darf daher nur dann auf die Gewährung freier Fahrt vertrauen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die anderen Verkehrsteilnehmer die besonderen Zeichen auch bemerkt haben.
- Er darf insbesondere nicht "blind" und mit überhöhter Geschwindigkeit in einen Kreuzungsbereich einfahren und darauf vertrauen, sein Fahrzeug werde schon bemerkt und ihm werde Vorfahrt gewährt.
- Gerade die fortschreitende komfortable Schalldämmung eines Pkws in Verbindung mit lediglich geringen weiteren schalldämmenden Umständen kann dazu führen, daß Fahrzeuginsassen lebenswichtige Warnsignale nicht mehr sicher hören können.
- Kollidiert das Sonderrechtsfahrzeug im Kreuzungsbereich mit einem an sich bevorrechtigten Pkw, dessen Fahrer mit nur gering überhöhter Geschwindigkeit fährt und hinsichtlich dessen nicht bewiesen ist, daß er die Warnsignale gehört oder infolge Unachtsamkeit nicht gehört hat, ist in Ansehung des überwiegenden Verursachungsbeitrages des Fahrers des Sonderrechtsfahrzeuges eine Haftungsverteilung von 80% zu 20% zugunsten des Pkw-Fahrers angemessen.
- Erleidet der Pkw-Fahrer bei dem Unfall einen Rippenbruch, eine Oberschenkelkontusion, Hautabschürfungen, Prellungen und Hämatome, die eine 8 Tage dauernde stationäre und eine weitere einmonatige ambulante Behandlung notwendig machten, ist (unter Berücksichtigung seines Haftungsanteils von 20%) ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.800 DM angemessen.