Leitsatz:
- Ein Arzt begeht einen groben Behandlungsfehler, wenn er eine Differentialdiagnose bei einem alarmierenden Befund (hier: Geschwulst in der Halsregion) nicht genügend abklärt.
- Ein grober Behandlungsfehler bei der Diagnose rechtfertigt eine Umkehr der Beweislast beim Nachweis der Kausalität. Dies gilt selbst dann, wenn der Patient selbst für den Fall einer richtigen Diagnose und sofort durchgeführten Behandlung eine Heilungschance von nur 25 bis 23 % hat.
Orientierungssatz:
- Es stellt einen groben Behandlungsfehler dar, wenn der Arzt bei einem alarmierenden Befund (hier: Geschwulst in der Halsregion) keine differentialdiagnostischen Maßnahmen ergreift.
- Liegt ein grober Behandlungsfehler bei der Diagnostik vor, so ist beim Nachweis der Kausalität des Behandlungsfehlers für den weiteren Verlauf der Krankheit eine Beweislastumkehr gerechtfertigt, wenn sich gerade das Risiko verwirklicht, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt. Dies gilt auch dann, wenn bei richtiger Diagnose und sofort durchgeführter Behandlung eine Heilungschance von nur 25 bis 35% bestanden hat (vergleiche BGH, 1981-06-16, VI ZR 38/89, VersR 1981, 954).