Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 11.11.2016
- 26 U 111/15 -
Erleidet eine Patientin nach einer grob behandlungsfehlerhaften Operation ihrer Halswirbelsäule eine Querschnittslähmung, kann ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 Euro zustehen.
Klägerin litt über Jahre hinweg unter Rückenschmerzen, vorwiegend im Lendenwirbelbereich. Ende 2008 ließ sie sich im beklagten Krankenhaus untersuchen.
Dort empfahl man einen operative Eingriff im Bereich der Halswirbelsäule durch die Implantation einer sogenannten Bandscheibenprothese sowie die Versteifung (Fusion) mehrerer Wirbel. Unmittelbar nach durchgeführten Operation im März 2009 litt die Klägerin an einer zunehmenden Schwäche aller vier Extremitäten, die durch eine Revisionsoperation nicht aufgehalten werden konnte und aus der sich eine irreversible Querschnittslähmung (Tetraplegie) unterhalb des 3. Halswirbels entwickelte. Seit der Operation ist die Klägerin auf einen Rollstuhl angewiesen und benötigt in alltäglichen Belangen fremde Hilfe.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten Schadensersatz, insbesondere ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 EUR. Sie war der Meinung, dass die OP medizinisch nicht angezeigt war und zudem fehlerhaft ausgeführt worden ist.
Die Klage war in beiden Instanzen erfolgreich. Das OLG Hamm bestätigte die landgerichtliche Verurteilung der Beklagten und das Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 EUR. Aufgrund des erstatteten medizinischen Sachverständigengutachtens stehe fest, dass bei der Beklagten unvollständige Befunde erhoben worden seien. Das zur differenzialdiagnostischen Abklärung erforderliche MRT- sei fehlerhaft unterblieben. Auch habe keine absolute Indikation für eine Operation bestanden. Die Möglichkeiten weiterer konservativer Behandlungen der Klägerin habe abgeklärt werden müssen. Zudem sei eine fehlerhafte Operationsmethode gewählt worden. Die unterlassene Befunderhebung sei bereits als grob fehlerhaft zu beurteilen, auch aus einer Gesamtschau mit den weiteren Fehlern in der Diagnostik und Operationsplanung ergebe sich eine grob fehlerhafte Behandlung.
Eine Versteifung in unmittelbarer Nähe der einzubringenden Prothese sei kontraindiziert gewesen. Durch die grob fehlerhafte Behandlung sei es zu einer kompletten Querschnittslähmung der Klägerin unterhalb des 3. Halswirbels gekommen. Die schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen der Klägerin rechtfertigen das Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 EUR.