Reichweite der Aufklärungspflichten des nur aufklärenden Arztes

BGH, Urteil vom 21.10.2014 – VI ZR 14/14

Die Klägerin unterzog sich zweimal einer Knieoperation. In beiden Fällen war der später operierende Arzt eine anderer als der, welcher die Aufklärung über die Erfolgsaussichten des Eingriffes übernommen hatte. Bezüglich beider Operationen wurden im späteren Verlauf Revisionsoperationen erforderlich.

Die Klägerin behauptete, die aufklärende Ärztin als Beklagte habe sie unzureichend und zu spät informiert.

Der BGH entschied, dass ein Arzt, der nur die Aufklärung des Patienten über die ihm angeratene Operation übernommen habe, auch eine unerlaubte Handlung begehen könne. Denn mit der Aufklärung übernimmt der Arzt einen Teil der ärztlichen Behandlung, was seine Garantenstellung gegenüber dem sich ihm anvertrauenden Patienten begründet. Ist die Aufklärung unvollständig und die Einwilligung des Patienten in die Operation unwirksam, kann der aufklärende Arzt deshalb gemäß § 823 BGB zum Ersatz des durch die Operation entstandenen Körperschadens verpflichtet sein.

Zudem sei die Annahme des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, die Beklagte habe nur die Aufklärung über die allgemeinen Risiken der beabsichtigten Operation, nicht aber die Aufklärung über die Erfolgsaussichten und Behandlungsalternativen übernommen. Der vom Berufungsgericht zur Begründung dieser Annahme aufgestellte Rechtssatz, der mit der Aufklärung beauftragte Arzt übernehme dann, wenn er an der Indikationsstellung und Vereinbarung der Operation nicht beteiligt gewesen sei, nur den Teil der Aufklärung, der die Information über die allgemeinen Risiken der zwischen dem Patienten und den behandelnden Ärzten vereinbarten Operation betreffe, und nehme auch nur insoweit eine Garantenstellung gegenüber dem Patienten ein, trifft - jedenfalls in dieser Allgemeinheit - nicht zu.

Für die Reichweite der Garantenstellung des Arztes ist indes der Umfang des Vertrauens entscheidend, welches sich der Patient aufgrund des konkreten Auftretens des Arztes berechtigterweise bilden darf. Dies lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Dabei kommt es darauf an, wie ein objektiver Dritter in der Lage des Patienten das Verhalten des Arztes in der konkreten Behandlungssituation verstehen durfte.

Da es im vorliegenden Fall in der Einverständniserklärung hieß, die Klägerin wurde über die Erfolgsaussichten des Eingriffes aufgeklärt, muss dieses auch dementsprechend berücksichtigt werden.

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