Schmerzensgeld wegen unterbliebener Grundaufklärung

Schmerzensgeld bei unterbliebener Grundaufklärung eines seltenen Risikos.

Leitsatz:

  1. Zur Arzthaftung bei Verwirklichung eines seltenen Risikos bei unterbliebener Grundaufklärung durch den Arzt.
  2. Schmerzensgeld von 50.000 DM zuzüglich Schmerzensgeldrente von monatlich 300 DM bei bleibender Blasenlähmung als Folge einer Myelographie.

 

Orientierungssatz:

  1. Die Aufklärung über die mit einem medizinischen Eingriff verbundenen Risiken hat dem Patienten einen zutreffenden allgemeinen Eindruck von der Schwere des Eingriffs und der Art der Belastung zu vermitteln, die sich für seine körperliche Integrität und seine Lebensführung ergeben können. Über die mit dem Eingriff verbundenen Gefahren ist selbst dann aufzuklären, wenn sie sich nur selten realisieren, wenn aber daraus gegebenenfalls eine erhebliche Belastung für den Patienten erwächst, und das Risiko für den geplanten Eingriff trotz seiner Seltenheit spezifisch und für den Laien überraschend ist (hier: Blasenlähmung nach Myelographie).

 

  1. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Aufklärung, hat der Arzt für alle Schäden aus dem Eingriff zu haften, selbst wenn sich ein seltenes Risiko verwirklicht hat. Darüber hinaus haftet er bei Fehlen einer ausreichenden Grundaufklärung auch dann, wenn sich ein seltenes nicht aufklärungspflichtiges Risiko realisiert.

 

  1. Bei unzureichender ärztlicher Aufklärung genügt es, wenn der Patient bezüglich eines möglichen Entscheidungskonflikts einsichtig macht, daß ihn die ordnungsgemäße Aufklärung über das Für und Wider des Eingriffs ernstlich vor die Frage gestellt hätte, ob er zustimmen solle oder nicht. An diese Darlegungspflicht sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen.

 

  1. Bei einer infolge einer Myelographie aufgetretenen Blasenlähmung einer ca 40jährigen Frau, die das dauernde Tragen eines Blasenkatheters erforderlich macht und zu häufigen Harnwegsinfektionen und Einschränkungen der Beweglichkeit der Wirbelsäule mit erheblicher Schmerzsymptomatik sowie dauernder Erwerbsunfähigkeit geführt hat, ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 DM sowie eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 300 DM angemessen.

OLG Brandenburg an der Havel, Urt. v. 01.09.1999 - 1 U 3/99

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